Wenn Geisterjäger John Sinclair zum Silberkreuz greift, ist der Dämon im Nullkommanichts futsch. Dr. Laurin findet am Ende immer die richtige Diagnose – und heilt ganz nebenbei auch noch gebrochene Herzen. Im bleihaltigen Western sorgt Lassiter für Gerechtigkeit, nimmt dafür aber schönen Ladies die Unschuld. Jerry Cotton lässt derweil die Handschellen klicken und sorgt dafür, dass sich das Verbrechen nicht lohnt.
Bereits seit vielen Jahrzehnten werden Woche für Woche spannende Geschichten auf knapp 70 Seiten im preiswert gedruckten Heftroman erzählt. Die Schmökerhefte von Bastei, Kelter oder Pabel-Moewig gibt es am klassischen Kiosk noch immer Woche für Woche neu. Zwei Euro kostet ein Heft inzwischen.
Manche Leseratten möchten aber gar nicht zwingend mit dem neuesten Lesestoff versorgt werden. Was vor fünf, zehn oder 20 Jahren geschrieben wurde, ist schließlich keinen Deut schlechter als die Romane von heute. Nur eben preiswerter.
Petra Lindner (59) aus Gransee versorgt alle Lesestoff-Süchtigen mit Second-Hand-Nachschub aus der Gebrauchtwaren-Kiste – und das zu einem fairen Flohmarkt-Preis: „Seit 30 Jahren bin ich regelmäßig mit meinem Bücherstand in Falkensee auf den Märkten anzutreffen – erst vor der alten Stadthalle, jetzt am Busbahnhof. Auf dem Falkenseer Wochenmarkt findet man mich stets am letzten Dienstag im Monat. Meine Stammkunden wissen das – und decken sich an dem Tag mit neuem Lesestoff ein.“
So macht das auch Vera Pohlmann (82) aus Falkensee: „Ich hole mir immer leichte Lektüre, Liebesromane eben. Gleich ein paar Romane im Monat sind es meist. Aber wenn viel im Garten zu tun ist, dann schaffe ich nicht so viel. Was ich lese, ist mir egal. Ich habe keine Lieblingsserie.“
Das ist bei Jutta Wolter (70) anders. Die gebürtige Falkenseerin kommt pünktlich einmal im Monat an den Stand und deckt sich mit neuem Lesestoff ein: „Die Liebesromane, die sind mein Ding. Da lese ich Bücher, aber auch Heftromane. Bei Dr. Norton kann ich nicht Nein sagen, da schlage ich immer zu.“
Petra Lindner kauft keine Romane mehr an, sie kann auf einen großen Fundus zurückgreifen. Die Kunden können die Taschenbücher und Heftchen bei ihr kaufen, sie aber gern auch tauschen: „Durch das Tauschen kommt ja immer wieder neue Ware bei mir an. Hefte, die zu sehr zerlesen sind, sortiere ich aus. Meine Kunden sollen schließlich die beste Qualität bekommen. Klar ist aber auch: Ich spreche schon die ältere Generation an. Dass junge Leute sich bei mir mit Lesestoff eindecken, passiert eher selten. Wenn ich einmal nicht mehr bin, landet das sicherlich alles im Container. Das ist schon traurig.“
Früher gab es in Berlin viel mehr dieser Romantauschbörsen. Hier konnten sich auch Sammler mit seltenen Ausgaben zum kleinen Preis eindecken. Leider sind diese Depots für verborgene Romanschätze in den letzten Jahren zunehmend verschwunden. Die nächste Generation findet Zerstreuung eben nicht mehr in fabulierten Galaxien, im niedergeschriebenen Wilden Westen oder im gruseligen Heftroman-Moor, sondern im Internet. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 174 (9/2020).
Der Beitrag Tausche Arztroman: Petra Lindner ist seit 30 Jahren mit ihren Romanen unterwegs! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.