Der Fußabdruck, den jeder Mensch in der digitalen Welt hinterlässt, wird immer größer. Man denke da nur an all die gewaltigen Datenmengen, die Tag für Tag von uns in den verschiedenen Cloud-Systemen abgelegt werden. Und da ist noch nicht vom Speicherhunger der Firmen, Behörden und großen Konzernen die Rede. Aus diesem Grund werden große Rechenzentren immer wichtiger. Nun soll eins direkt in Wustermark gebaut werden.
Längst reicht der eigene Computer nicht mehr aus, um alle im Alltag anfallenden Daten zu speichern. Fast jeder Nutzer eines PCs legt große Teile seines Datenbesitzes in Form von Fotos, Videos und Dokumenten zusätzlich in den verschiedensten Cloud-Systemen ab – und sei es nur als Sicherheitskopie. Die zunehmende Digitalisierung, die automatische Steuerung von Industriemaschinen über das „Internet der Dinge“ und das zunehmende Arbeiten mit Anwendungen für Künstliche Intelligenz sorgen ebenfalls für einen Hunger an Rechenkapazität und Speichermöglichkeiten, der kaum noch zu stillen ist.
Weltweit gibt es bereits über 10.000 riesige Rechenzentren, die unzählige Server beherbergen, auf denen das digitale Abbild unserer Welt gespeichert ist.
Nun könnte auch Wustermark ein solches Datacenter erhalten. Es soll auf einer Fläche von 20 Hektar an der Nordgrenze der Gemeinde errichtet werden – in Sichtweite zum bestehenden Gewerbegebiet in Zeestow und direkt an der B5 gelegen.
Der in Berlin ansässige Projektentwickler „CDW Commercial Development Wustermark GmbH“ – ein Unternehmen der AMPM-Grund-Gruppe (www.ampm-grund.de) – entwickelt das Rechenzentrum in Kooperation mit der Firma VIRTUS (www.virtusdatacentres.com). VIRTUS betreibt bereits Rechenzentren auf der ganzen Welt. Mit dem Standort in Wustermark würde VIRTUS damit auch eine Deutschland-Dependance in sein Portfolio mit aufnehmen können. Das neue Rechenzentrum würde den Namen VIRTUS Wustermark Campus tragen. VIRTUS ist Teil der globalen Plattform „ST Telemedia Global Data Centres“ (STT GDC), die in sieben Ländern mit mehr als 130 Rechenzentren und einer IT-Last von über 1,6 GW präsent ist. VIRTUS ist außerdem Mitglied der „German Datacenter Association e.V.“ und plant, sein Deutschland-Geschäft zukünftig von Wustermark aus zu lenken.
Warum aber Wustermark? Am auserkorenen Standort sind einige sehr wichtige Rahmenbedingungen gegeben. So ist die Versorgungssicherheit mit Elektrizität aufgrund der extrem kurzen Distanz zur nächsten Hochleistungsstromversorgung in Gestalt eines Umspannwerks gewährleistet. Und in Wustermark gibt es ausreichend Stromkapazitäten aus regenerativen Quellen zum Betreiben des Rechenzentrums – was den Verantwortlichen sehr wichtig ist. Bereits in der ersten Phase des Projekts könnten so bereits 200 MW an Leistung bereitgestellt werden.
In der Broschüre zum Projekt ist zur Frage der Standortwahl auch zu lesen: „Wustermark hat anders als andere Standorte viel Erfahrung mit großen Entwicklungsprojekten, damit sind Kompetenz und Reaktionsgeschwindigkeit hoch, die Verwaltung ist leistungs- und reaktionsstark, die Gemeindevertreter sind erfahren und kompetent. Angesichts der Tatsache, dass wir uns mit dem Projekt im europäischen Wettbewerb befinden, ist es wichtig, dass das Verfahren zügig angestoßen werden kann.“
Noch befindet sich das Projekt VIRTUS Wustermark Campus in einer sehr frühen Phase. Die Vertreter der Gemeinde Wustermark gaben aber inzwischen mit dem Aufstellungsbeschluss grünes Licht für das Bebauungsplanverfahren.
Die Gemeindevertreter sehen natürlich die Vorteile eines Rechenzentrums im eigenen Ort. Ein Rechenzentrum bringt nur eine sehr geringe Verkehrsbelastung mit sich – anders als das bei den Logistikern der Fall ist. Außerdem gibt es eigentlich keine Lärmbelästigung in der Nachbarschaft. Gleichzeitig winken hohe Steuereinnahmen. Die „German Datacenter Association e.V.“ rechnet pro 100 MW Anschlussleistung mit rund 1,8 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen. Und der VIRTUS Wustermark Campus soll bereits in der ersten Phase mit 200 WM Leistung auftrumpfen. Außerdem werden Arbeitsplätze geschaffen. Hier geht das Unternehmen selbst von 120 operativen Mitarbeitern aus. Plus 30, die im Bereich der neu zu gründenden Deutschlandzentrale arbeiten würden.
Die Vertreter der Gemeinde Wustermark haben bereits einige Wünsche und Anregungen vorgebracht. So würden sie es sehr gern sehen, wenn die Abwärme des Rechenzentrums genutzt werden könnte, um über Fernwärme die Häuser der benachbarten Wernitzer mit zu heizen. Auch wurde argumentiert, dass nicht zu viel Fläche versiegelt werden darf.
Die CDW-Planer sprechen von einem besonders nachhaltigen und ökologisch ausgerichteten Rechenzentrum. Neben den üblichen Beteiligungsverfahren sollen auch die Nachbarn in zusätzlichen Bürgerwerkstätten über das Projekt informiert und angehört werden. Schließlich geht es bei dem Vorhaben um eines der größten Rechenzentrumsprojekte seiner Art in ganz Deutschland.
Andreas Schmidt ist Geschäftsführer der CDW Commercial Development Wustermark GmbH. Er erklärt das weitere Vorgehen: „Das von uns in Wustermark ausgeguckte Grundstück ist im Flächennutzungsplan zwar als Gewerbe gekennzeichnet. Einen richtigen B-Plan gibt es aber für unser Grundstück noch nicht. Daher gibt es jetzt einen Aufstellungsbeschluss, um das nachzuholen. Der Zeitrahmen eines B-Plan-Verfahren ist nicht verbindlich anzugeben. Ich gebe aber gerne einen hoffnungsvollen Ausblick – für den Fall, dass alles nach Plan verläuft: Dann würden wir eine erste Bürgerinformation im 2. Quartal 2023 durchführen. Eine frühzeitige Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange könnte im 2. Halbjahr 2023 stattfinden. Im ersten Halbjahr 2024 würden die Offenlage und im zweiten Halbjahr 2024 der Satzungsbeschluss folgen. Erst mit dem Satzungsbeschluss erhalten wir ein verbindliches Planungsrecht. Mit einer Baugenehmigung und dem Baubeginn würden wir für 2025 rechnen. Ende 2025, aber realistischerweise erst 2026 könnten die ersten Racks an den Start gehen. Das zu erwartende Investment liegt alleine auf unserem Grundstück bei über einer Milliarde Euro.“
Zur Gebäudeaufteilung des späteren VIRTUS Wustermark Campus kann zur Zeit noch nichts gesagt werden. Andreas Schmidt: „Alle bisherigen Skizzen werden wir noch einmal überarbeiten müssen, um die Wünsche der Gemeinde Wustermark zu berücksichtigen, was die Versiegelung der Flächen anbelangt.“
Wie kann man sich eigentlich so ein Datacenter vorstellen? Andreas Schmidt: „Das ist ein bisschen wie ein Hotel für Datenspeicher. Der Hotelier – also das Unternehmen VIRTUS – kümmert sich um abgeschlossene Räume, um den Brandschutz und um eine gute Klimatisierung. Die Gäste buchen sich ein und bringen ihre Koffer mit. Bei den Gästen denken wir an internationale Kunden wie Amazon, IBM, Microsoft, Apple oder auch die Bundesregierung, die jeweils ihre eigene Hardware-Infrastruktur mitbringen.“
Hinweis: Auch in Brieselang könnte ein Rechenzentrum im Güterverkehrszentrum entstehen. Die für einen Investor tätige Trigon Immobilien Holding GmbH sprach noch im September 2022 davon, vor Ort eine halbe Milliarde Euro investieren zu wollen. (Text: CS / Fotos & Grafiken: CDW Commercial Development Wustermark)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 205 (4/2023).
Der Beitrag Milliardenprojekt: Ein Rechenzentrum in Wustermark? erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).