Das Amazon-Logistikzentrum BER-3 in Brieselang gibt es seit 2013. 3,5 Millionen Artikel werden hier in sechs großen Hallen in Regalen verstaut, die zusammengenommen so groß wie neun Fußballfelder sind. Am 12. und 13. Juli wurden die Lager vor Ort noch einmal bis zum Rand gefüllt: Die Prime Days standen an. Senior Operation Manager Stefan Zaiser nutzte die Gelegenheit, um interessante Details zu verraten.
18 Logistikzentren betreibt Amazon in Deutschland. Hier werden die Waren eingelagert, die von den Kunden online per Mausklick bestellt werden.
Das Logistikzentrum in Brieselang kümmert sich vor allem um die kleineren Dinge. Hier gibt es keine Waschmaschinen und keine Bürostühle: Bei der Größe einer Kaffeemaschine ist Schicht. Alles muss „sortable“ sein, also von Hand sortierbar.
Stefan Zaiser (49) arbeitet seit zehn Jahren bei Amazon. Er stammt aus Österreich und lebt inzwischen mit seiner Familie in Dallgow-Döberitz. Bei Amazon ist er als Senior Operation Manager tätig: „Übersetzen kann man das mit Warenausgangsleiter“.
Am Prime Day führte er die Redaktion durch die sechs großen Hallen, in denen 750 Mitarbeiter beschäftigt sind. Ukrainische Flüchtlinge sind vor Ort allerdings noch keine in Lohn und Brot. Stefan Zaiser: „Deutsch und Englisch sind bei uns aus Sicherheitsgründen eine Voraussetzung für die Einstellung. Die meisten Ukrainer sprechen allerdings beide Sprachen nicht.“
Wie funktioniert Amazon? Die Waren, die über das Online-Kaufhaus verkauft werden, kommen im Logistikzentrum ganz normal mit der Post an – auf Paletten oder in Paketen. Die Paletten kommen ins „Palettenlager“, die Pakete werden aufgerissen und ausgepackt.
Stefan Zaiser: „Die Mitarbeiter von der Warenannahme scannen jeden Artikel und ‚verheiraten‘ ihn dabei mit unserem Logistiksystem. Ab sofort weiß unser Computer immer, wo sich jeder Artikel ganz genau befindet. Die Stower nehmen die Artikel entgegen und verteilen sie irgendwo in unseren Hallen in ein Regalfach, das noch einen freien Platz aufweist. Das folgt dem Prinzip der chaotischen Lagerhaltung. Liegt eine neue Bestellung vor, bekommen unsere Picker eine virtuelle Liste der Artikel, die sie nun aus den Regalen nehmen und zum Versand bringen sollen. Der Computer gibt dabei die Laufroute vor. In der Rebin-Abteilung werden die Artikel so sortiert, dass sie paketweise aufgeteilt sind. Sie müssen anschließend nur noch verpackt werden. Automatisch fallen die Pakete über ein Laufband direkt in die Transportbehälter der Transportunternehmen. Nun dauert es nicht mehr lang – und das Paket kommt beim Kunden an.“
Bei Amazon wird fortlaufend alles verbessert. Bei neu gebauten Standorten wird alles schon in Sachen Robotik optimiert. Stefan Zaiser: „Viele glauben, dass in einem Robotik-Standort Roboter die Picker ersetzen. Das funktioniert aber ganz anders. Ein Picker läuft am Tag etwa zehn Kilometer. Bei einer Laufgeschwindigkeit von etwa vier Kilometern in der Stunde ist ein Picker pro Tag also knapp drei Stunden lang nur mit Laufen beschäftigt. In einem Robotics-Lager, von denen es inzwischen mehr als ein halbes Dutzend gibt, werden deswegen die Regale zum Picker gefahren. Und zum Stower. Denn auch der verbraucht viel zu viel Zeit damit, nach einem freien Platz für die Ware zu suchen.“
Während der Corona-Pandemie hat auch der letzte Deutsche begriffen, wie man bei Amazon Waren online bestellt. Stefan Zaiser: „Ganz klar gab es bei Amazon einen Boom und die Bestellrate ist stark gestiegen. Allein in den USA wurden über 100.000 neue Mitarbeiter eingestellt. 1,6 Millionen sind wir jetzt weltweit insgesamt. Selbst meine eigenen Eltern, und die sind jenseits der 80, haben inzwischen damit angefangen, bei uns zu bestellen.“
Alle Prozesse bei Amazon stehen ständig auf dem Prüfstand. Das gilt auch für die Paketverpackungen, die möglichst perfekt zum verschickten Artikel passen sollen. Stefan Zaiser: „Wir fahren ungern Luft spazieren, das kostet nur unnötig Geld. In Hinsicht auf die Nachhaltigkeit verzichten wir auf eine eigene Umverpackung, wenn ein Produkt bereits in einer transportsicheren Verpackung bei uns ankommt. Bei unseren eigenen Artikeln setzen wir auf FFP, also auf ein ‚frustration free packaging‘. Das Auspacken darf den Kunden nicht vor Probleme stellen.“
Beim Gespräch mit Stefan Zaiser fällt auf, dass es bei Amazon Dutzende von Abkürzungen wie eben „FFP“ gibt. Stefan Zaiser: „Da wirst du wahnsinnig. Ich habe drei Monate gebraucht, bis ich all diese Akronyme und Denglisch-Bezeichnungen gelernt habe. Zum Glück gibt es da online ein eigenes Wiki für. Aber so ist es eben in der Logistik. Da gibt es eine ganz eigene Sprache.“
Am 12. und 13. Juli wurden die „Prime Days“ gefeiert, da gab es zwei Tage lang Schnäppchen am laufenden Band. Allerdings nur für Prime-Kunden, die für diesen Status (und eine riesige Musik- und Film-Bibliothek) 7,99 Euro im Monat bezahlen. Stefan Zaiser: „Beim Prime Day gab es so viel Technik günstiger. Der Artikel, der aber vor allen Dingen in Massen bestellt wurde, war – Kaffee. Gemahlener Kaffee, Kaffeebohnen, Kaffeepads: Da haben wir gestaunt.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 197 (8/2022).
Der Beitrag Prime Day im Amazon-Logistikzentrum BER-3: Die letzten Amazon-Geheimnisse entschlüsselt! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).