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Echter Knochenjob: Zu Besuch bei Rüdiger Anatomie in Falkensee!

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In einem kleinen Betrieb im Falkenseer Gewerbegebiet Süd stapeln sich menschliche Knochen, Schädel, Wirbel und Gelenke in großer Stückzahl. Ja, was ist denn hier los? Bei „Rüdiger Anatomie“ werden Skelette in Originalgröße für die medizinische Lehre produziert. Hinzu kommen anatomische Lehrtafeln, wie man sie aus jeder Arztpraxis her kennt. (ANZEIGE)

Die Firma „Rüdiger Anatomie“ hat Hein-Harro Rüdiger vor knapp fünfzig Jahren in Berlin gegründet. Inzwischen führt sie sein Sohn Oliver Rüdiger (54) alleinverantwortlich weiter. Im Jahr 2007 hat er die Produktion und Fertigung komplett nach Falkensee ins Gewerbegebiet Süd verlegt. Zehn feste Mitarbeiter und viele Aushilfen helfen vor Ort dabei, die anatomischen 3D-Modelle zu montieren oder aber die zusätzlich angebotenen anatomischen Lehrtafeln für den Versand zu verpacken.

Muskeln und Nerven: Medizinische Lehrtafeln

Ein Schwerpunkt, den „Rüdiger Anatomie“ bei der eigenen Arbeit setzt, ist die Fertigung von Lehrtafeln und Postern.

Oliver Rüdiger: „In den letzten Jahren sind so bereits über hundert verschiedene Lehrtafeln entstanden. Es gibt sie als Postkarte, als Miniposter oder als großes Wandplakat im Format 70 x 100 Zentimeter – gern auch laminiert zum Schutz vor Beschädigung oder Verschmutzung. Bei Preisen um die 30 Euro für ein laminiertes Poster halten sich die Kosten absolut im Rahmen.“

Die verschiedenen Lehrtafeln zeigen z.B. das Gefäßsystem des Menschen, die einzelnen Knochen der Wirbelsäule oder den Verlauf der Nervenbahnen. Insbesondere Medizinstudenten nutzen die Plakate gern, um für ihre Prüfungen zu lernen. Viele Mediziner hängen die Werke aber auch in ihrer Praxis auf.

In den letzten Jahren sind zunehmend Plakate auch für Physiotherapeuten und Heilpraktiker entstanden. Sie zeigen etwa den Sitz der Chakren, visualisieren die Faszien, präsentieren die Basisübungen aus dem Yoga oder zeigen Bewegungsabläufe für das Krafttraining von Rumpf, Brust oder Armen.

Oliver Rüdiger: „Pro Jahr entwickeln wir im Schnitt zwei neue Lehrtafeln. In der Corona-Pandemie haben wir das aber ausgesetzt, sodass in den letzten beiden Jahren keine neuen Grafiken entstanden sind. Wir beschäftigen zwei Hauszeichner, die in der Schweiz und in Polen sitzen. Der eine kann sehr gut Menschen zeichnen, der andere hat ein echtes Auge für anatomische Feinheiten. Es kann schon einmal ein halbes Jahr dauern, bis eine neue Tafel fertig ist. Unsere Poster werden mit der Zeit immer spezieller. Zuletzt haben wir Krankheiten wie den Diabetes oder den Bluthochdruck visualisiert. Oder wir zeigen passend zu einem Fuß oder einer Hand auf, welche Krankheiten hier wirken und welche typischen Verletzungen vorkommen. Beschäftigt haben wir uns auch mit dem Taping, der Lymphdrainage, der Osteopathie und der Akupressur.“

Früher hat Rüdiger Anatomie seine Lehrtafeln vor allem über den medizinischen Buchhandel verkauft. Oliver Rüdiger: „Entsprechende Fachbuchhandlungen verschwinden immer mehr aus dem Stadtbild. Wir müssen uns umorientieren. Tatsächlich kann man unsere Produkte nun auch über Amazon erwerben. Da wissen wir freilich nicht, ob die Lehrtafeln nur an Ärzte, Studenten, Physiotherapeuten und Heilpraktiker gehen – oder ob sie auch von Privatleuten gekauft werden. Wir haben auch einen eigenen Online-Shop, in dem direkt bei uns bestellt werden kann.“

Ein Skelett aus vielen Einzelteilen

Neben den Lehrtafeln fertigt „Rüdiger Anatomie“ auch verschiedenste Skelett- und Anatomiemodelle aus PVC-Kunststoff.

Oliver Rüdiger: „Im ersten Corona-Jahr gab es einen deutlichen Rückgang bei den Bestellungen. Hier mussten wir unser Personal an die Situation anpassen. Nun ziehen die Bestellungen wieder an – und die Hilfskräfte fehlen uns. Zurzeit müssen die Kunden mit Wartezeiten zwischen vier und sechs Monaten rechnen, bis ein neues Skelett auf den Weg geschickt werden kann.“

Das liegt an der komplexen Fertigung, die vollständig in der Falkenseer Manufaktur stattfindet.

Für jeden einzelnen Knochen gibt es eine eigene Form, die in die Spritzgussmaschine eingespannt werden muss. Oliver Rüdiger: „Wir produzieren dann in jedem Durchgang so 100 bis 500 Kopien. Anschließend wartet viel Handarbeit auf meine Mitarbeiter. Sie müssen mit Messer, Schere und Schleifgeräten die Grate wegschleifen. Jede Form hat da so seine ganz eigenen Anforderungen. Wenn man sich vorstellt, dass für ein menschliches Skelett weit über 200 verschiedene Formen zum Einsatz kommen, kann man sich vorstellen, was das für ein Aufwand ist. Die Knochen müssen ja auch noch montiert und am Ende angemalt werden.“

Für das einfachste Skelett sind etwa zehn Arbeitsstunden nötig, am aufwändigsten Modell wird schon einmal drei Tage gearbeitet.

Oliver Rüdiger: „Unsere beiden teuersten Skelettmodelle sind auch unsere absoluten Bestseller, obwohl sie zwischen 800 und 1.300 Euro kosten. Unser Super-Duper-Skelett ist 1,80 Meter groß, weist eine flexible Wirbelsäule auf und enthält auch die wichtigsten Gelenkbänder. Tatsächlich haben wir viele Kunden, die sich als Medizinstudent ein preiswertes Skelett angeschafft haben und nun als Arzt gern das Premiummodell hätten. Es hält ja im Grunde genommen auch ein Leben lang. Wir geben auf jeden Fall fünf Jahre Garantie auf unsere Modelle.“

Bei „Rüdiger Anatomie“ gibt es auch noch viele andere Körpermodelle, so etwa von Zähnen, von Gelenken, von der Bauchhöhle oder von den Organen. Sie kommen aber zum Teil auch von anderen Anbietern.

Oliver Rüdiger: „Bis in die 70er und 80er Jahre wurden übrigens noch echte menschliche Skelette verkauft. Das macht man aus ethischen Gründen nicht mehr. Alle halbe Jahre bekommen wir einen Anruf, ob wir auch Tierskelette von Hund und Katze anbieten würden. Das machen wir aber nicht. Das ist eher etwas für die Tierpräparatoren, die dann echte Skelette anbieten.“ (Text/Fotos: CS)

Info: Rüdiger Anatomie GmbH, Leipziger Straße 60, 14612 Falkensee, Tel.: 03322–27561-0, www.ruediger-anatomie.de

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 191 (2/2022).

Der Beitrag Echter Knochenjob: Zu Besuch bei Rüdiger Anatomie in Falkensee! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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