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1. Kaffeerösterei Falkensee: Geröstete Bohne

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Wenn Kai Scharlach (51) in seinem Falkenseer Keller verschwindet, dann wissen Frau und Tochter: Es wird jetzt nicht mehr lange dauern und der Geruch nach frisch geröstetem Kaffee verbreitet sich im ganzen Haus. Das ist kein Wunder, denn der Diplom­ingenieur, der hauptberuflich für eine Berliner Firma im Produktmarketing tätig ist, hat sich eine ungewöhnliche Nebentätigkeit zu eigen gemacht: Er röstet Kaffee in seiner 1. Kaffeerösterei Falkensee. (ANZEIGE)

Die Bohnen bezieht er in schweren 60-Kilo-Säcken von einem Hamburger Kontor: „Zurzeit biete ich einen Mexiko Berilo und einen Indonesien Sumatra Gayo aus Bio-zertifizierten Arabica-Bohnen an. 250 Gramm meiner Röstung kosten 6,90 Euro. Wer meinen Kaffee probieren möchte, kann ihn bei den biofreunden in Falkensee einkaufen. Ich habe aber auch schon darüber nachgedacht, Kontakt zu ‚Made in Falkensee‘ aufzunehmen und mich auf den lokalen Märkten zu präsentieren.“

Während viele kleine Kaffeeröstereien in Berlin und Umgebung bis zu 15 Kilo Kaffeebohnen auf einmal rösten können, backt Kai Scharlach noch deutlich kleinere Brötchen: „Meine Maschine ist nicht größer als eine Mikrowelle. Der Trommelröster bewältigt immer nur ein halbes Kilo Kaffeebohnen auf einmal. Während die Industrie auf Tempo drängt und die Bohnen nur drei Minuten lang auf bis zu 600 Grad aufheizt, lassen wir kleinen Röstereien es deutlich langsamer angehen. Ich befülle meine Maschine bei 290 Grad mit den noch grünen Bohnen. Die Temperatur fällt nach dem Befüllen auf bis zu 100 Grad und steigt dann ganz langsam wieder an. Über die Temperatur kann man den späteren Geschmack sehr gut steuern, was die Säure und die Aromen betrifft. Ein Espresso basiert so nicht auf einer anderen Bohne. Er wird einfach nur länger und bei höheren Temperaturen geröstet. Ich röste meine Bohnen übrigens bis zum ‚first crack‘, der etwa bei 200 Grad stattfindet. Dann platzen hörbar die Zellstrukturen der Kaffeebohnen auf – die gerösteten Bohnen haben anschließend auch mehr Volumen als vorher.“

Seit vier Jahren beschäftigt sich der aus dem Mainzer Umland stammende Falkenseer, der mit seiner Familie seit zwanzig Jahren in der Gartenstadt wohnt, mit dem Kaffeerösten. Die allererste Röstung im Falkenseer Haus ging übrigens mächtig in die Hose, wie Ehefrau Stefanie weiß: „Ich war zunächst sehr skeptisch, was die neue Beschäftigung meines Mannes anbelangte. Und als bei der ersten Röstung der Rauch durchs Haus waberte, rief unsere Tochter: ‚Papa, willst du das ganze Haus abfackeln?‘ Inzwischen bin ich bekehrt. Die erste Kaffeeröstung, die funktionierte, schmeckte einfach wunderbar. Inzwischen nehmen wir unseren Kaffee sogar mit in den Urlaub, dann natürlich gemahlen.“

Die Geschwindigkeit und die hohe Hitze sorgen bei der industriellen Röstung dafür, dass störende Bitterstoffe entstehen, die das Aroma beeinflussen. Die schonende Zubereitung im Falkenseer Keller erzeugt einen sehr milden, aromatischen Kaffee, der nicht so schnell auf den Magen schlägt. Kai Scharlach: „Mein Kaffee ist auch immer sortenrein – wie eine Fassabfüllung beim Whisky. Ich mische also nicht verschiedene Bohnen miteinander, um einen bestimmten Geschmack zu erzeugen. Ich könnte mir aber vorstellen, mein Angebot auch um eine Espresso-Version zu erweitern. Und ich arbeite an einer Falkenseer Röstung.“

Bislang hat der neue Falkenseer Kaffeeröster gut und gern 20 Kilo seines selbst gerösteten Zaubertranks an den Mann gebracht: „Viele Sportkollegen von der Abteilung Manpower beim TSV kaufen bereits meinen Kaffee. Und Kollegen aus Österreich gehören zu meinen Kunden, denen schicke ich den Kaffee im Paket zu. Jetzt muss ich daran arbeiten, meinen Kaffee noch bekannter zu machen. Aber da ich das nur nebenberuflich mache, geht das alles nicht so schnell. Ich habe auch gerade erst nach langem Anlauf die Rösterlaubnis vom Zoll bekommen, die kam nun endlich im Februar, während das Amt für Lebensmittelüberwachung bereits im Dezember das Go gegeben hat. Das Zollamt ist involviert, weil ich jede Röstung versteuern muss, da fallen Kaffeesteuern an.“

An einem besonders vollmundigen Kaffee ist Kai Scharlach noch dran. Dafür braucht er aber eine eigene Lizenz – und die liegt noch nicht vor: „Das ist der Orang Utan Kaffee, der ebenfalls aus Indonesien stammt. Das ist ein Bio-Kaffee, bei dem ein Teil der Einnahmen für die Unterstützung von Kleinbauern vor Ort eingesetzt wird. Auch eine Auswilderungsstation von Orang Utans wird mit dem Geld finanziert. Das wäre ein schönes Produkt in meinem Portfolio, das nicht nur lecker schmeckt, sondern auch noch eine ganze Geschichte erzählt und viel Gutes tut.“

Sollte das Kaffeegeschäft stetig an Volumen zulegen, so hat Kai Scharlach noch einiges vor: „Der nächste Schritt wäre die Anschaffung einer neuen Röstmaschine, die dann bereits 2,5 Kilo Kaffee in einem Durchgang verarbeiten kann. Das gelingt aber nicht mehr im eigenen Haus, dafür habe ich bereits einen externen Standort ins Auge gefasst.“

Stefanie Scharlach ist nur eins wichtig: „Dass die Röstung immer exakt gleich bleibt. Ich habe einen sehr empfindlichen Magen und merke es sofort, wenn sich irgendein Faktor bei der Röstung verändert.“

Dass es zurzeit noch keinen fertig gemahlenen Kaffee in der 1. Kaffeerösterei Falkensee gibt, hat einen guten Grund: 50 Prozent der Aromen verfliegen nach dem Mahlen innerhalb von einer halben Stunde, sodass man die ganze Klasse und Güte eines Kaffees nach dem Mahlen nicht weiter konservieren kann. Wer keinen Kaffeevollautomaten besitzt, tut also gut daran, sich eine kleine Kaffeeemühle zu besorgen, in der sich der Kaffee vor dem Aufbrühen ganz frisch zerkleinern lässt. (Text/Fotos: CS)

Info: 1. Kaffeerösterei Falkensee, Kai Scharlach, Ernst-Abbe-Straße 28, 14612 Falkensee, www.kaffeerösterei-falkensee.de


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